Es wird kalt im Gäu. Als Schüler merkt man das nicht nur daran, dass man friert, sondern auch daran, dass die Fahrradkontrolle am Schulweg wartet. Am Mittwochmorgen wurden Vehikel auf ihre Tüchtigkeit geprüft, vor dem Schulzentrum Markweg.
Vier Polizisten des Herrenberger Reviers, drei Lehrkräfte des Andreae-Gymnasiums, zwei Lehrkräfte der Jerg-Ratgeb-Realschule und eine der Vogt-Heß-Schule erwarteten die Schüler, die zwischen 7.15 Uhr und 7.40 Uhr flott, vielleicht allzu flott, auf ihrem Drahtesel den Unterrichtsfreuden entgegenstrebten, beim Zufahrtsweg zum Gelände des Schulzentrums Markweg. Mit dabei die beiden Schülermentoren Laura Brösamle und Philipp Klansch, außerdem Elternvertreter von Hauptschule und Gymnasium, die Protokoll führten.
Briefe an die Eltern
Zum zwölften Mal fand diese „schulübergreifende Radkontrolle" im Markweg bereits statt - beliebte Kontrollzeiten sind auch das Frühjahr, in dem die Räder wieder aus den Kellern kommen, und das Ende der Schulferien. Zum fünften Mal nun ging es hart zur Sache - mit einem Verwarnungsgeld. „Wir haben es lange Zeit versucht", sagt Lutz Rasemann, Verkehrsbeauftrager am AGH, sekundiert von Hermann Rösch, seinem Kollegen an der JRS - „aber es geht einfach nicht ohne den Geldbeutel". Deshalb auch wurden in diesem Jahr wieder eine ganze Reihe von Briefen verschickt, die gewiss Falten elterlichen Unwillens und ein Unbehagen bei den schlampigen jungen Verursachern von Kosten hervorrufen werden.
Doch zunächst einmal lösen sich die Silhouetten der Schulradler aus dem gar nicht einmal so lichten Morgennebel und bremsen vor der Kontrolle. Wozu ist ein Polizeibeamter gut, wenn nicht für einen kritischen Blick, auch wenn dieser nicht auf eine Tatwaffe fällt, sondern auf einen Scheinwerfer, der nicht scheint, oder auf ein Schutzblech, an dem der Reflektor fehlt?
Die Schüler der Vogt-Heß-Schule, so könnte man sagen, haben das Radfahren mittlerweile aufgegeben - im vergangenen Jahr noch waren es nur drei von ihnen, die per Rad zur Schule kamen, und jeder einzelne von ihnen musste Beanstandungen einstecken. In diesem Jahr nun kam kein einziger. 72 Räder kamen so unter die fachkundige Lupe, 29 von ihnen wurden beanstandet - ein guter Schnitt, denn dies ergibt eine Mängelrate von 40,2 Prozent. 2010 war diese Rate von 34,4 auf 61,4 emporgeschnellt. Grund war, wie Rasemann vermutet, dass verkehrsbewusste Schüler bei den kruden Witterungsverhältnissen dieses Jahres das Rad gleich ganz zu Hause ließen. Dennoch liegt die Quote relativ hoch: Jahrelang hatte sie, von einem Ausreißer abgesehen, die 40 Prozent nicht überschritten.
Kritisch wird es für all jene Schüler, die man für ihr Fehlverhalten tatsächlich zur Verantwortung ziehen kann - das heißt: für jene, die älter als 16 Jahre sind. Das waren immerhin 16 von 29 Schülern. Die Mängelberichte sind schon unterwegs und wem die Rechnung am Nikolaustag ins Haus flattert, dem war das Schicksal nicht wohlgesonnen. Beanstandungen bezogen sich wie immer vor allem auf die Beleuchtung. Gerade im Nebel ist die ja vielleicht lebenswichtig. Zum ersten Mal monierten die Kontrolleure in diesem Jahr auch fehlende Speichenreflektoren. Kontrolliert wurden Bremsen, Beleuchtung, Reflektoren und die Klingel. Die meisten Mängel fanden die Kontrolleure natürlich bei den Speichenreflektoren und bei der Beleuchtung. Gymnasiasten rangierten unter den Fahrradsündern ein ganzes Stück vor Realschülern. Eine unangemeldete Demonstration von winterlicher Gefahr wurde in diesem Jahr bei der Radkontrolle gleich mitgeliefert: wenn einer angeschlittert kommt, morgens um sieben, und glatt auf die Nase fällt, dann weiß man, dass der goldene Herbst endlich vorbei ist. Aber die große Rutschpartie hat gerade erst begonnen.
(Artikel erschienen am 24.11.2011 im Gäubote Herrenberg. Wir danken der Redaktion des Gäubote für die freundliche Genehmigung des Nachdrucks. Siehe auch www.gaeubote.de).