So, jetzt kommt der Salat: Christoph Sonntag (rechts) serviert ihn mit Lukas-Malte Hasenbacher-Willms
von der Affstätter Linde für die Schüler der Jerg-Ratgeb-Realschule GB-Foto: Holom
Eine Woche lang beschäftigten sich Sechstklässler der Herrenberger Jerg-Ratgeb-Realschule mit dem Thema Ernährung und Gesundheit. Das Projekt macht die Stiftung Christoph Sonntags möglich. Der Kabarettist kam
zum Abschlussessen in die Affstätter Linde.
Ernährung - das klingt für Jugendliche nicht gerade attraktiv. Burger, Pommes, Pizza und Döner - mehr wollen die eh nicht. Denkt man. Christoph Sonntag mit scharfzüngiger Gosch aus Bad Cannstatt ausgestattet, möchte indes den Blick der Kinder für weitere Gaumenfreuden öffnen. Gesünder vor allem. Deshalb unterstützt seine Stiftung unter anderem in diesem Jahr Schulklassen mit der Aktion Gesunde Ernährung und Tischkultur". Sponsoren finanzieren die diversen Projekte, für die laut Sonntag schon 4,5 Millionen Euro in den vergangenen zehn Jahren investiert wurden. „Ich gehe ja selbst nach Auftritten manchmal in Fast-Food-Restaurants" erzählt er am gestrigen Freitag der Klasse 6d der Jerg-Ratgeb-Realschule. „Das ist Englisch und heißt übrigens fast, also beinahe Essen." Meist gehe es ihm im Anschluss nicht so besonders. „Dann habe ich mir abends mal Brokkoli vom Markt gekocht. Ich muss sagen: Das schmeckt echt viel besser."
Blick in die eigene Kindheit
Die Motivation des gebürtigen Waiblingers ist klar: „Als Kabarettist will man die Welt verbessern." Doch allein von der Bühne herab klappt das nicht. So kam es zur Stiftung, die sich immer wieder für Kinder einsetzt. Kabarettist wird man ja sonst, wenn man Deutschlehrer ist und Kinder hasst. Ich mag aber Kinder." Das spiegelt sich in Affstätt im Umgang Sonntags mit den Kindern wider. Er erzählt nicht nur wie er seine eigene Kindheit bei Oma und Opa, die eine Holzspielzeugfabrik hatten, verbrachte und die Oma samstags für alle Mitarbeiter kochte. Er motiviert die Schüler sich einzusetzen, sich bemerkbar zu machen: Wenn ihr etwas seht, was euch nicht passt, dann geht zum Bürgermeister oder schreibt der Merkel. Ihr werdet überrascht sein: Ihr bekommt Antwort."
Lukas-Malte Hasenbacher-Willms von der Linde hat zuvor den Sechstklässlern eine Einführung in Tisch-Etikette gegeben: Wo liegt das Messer? Wie handhabt man die Serviette? Mund abputzen nicht vergessen vor dem Trinken. Dann empfiehlt der Kabarettist, doch bei der Familienfeier an Weihnachten eine Tischrede zu halten. „Da kippt die Oma aus den Schuhen, fliegt an die Decke, und wenn sie wieder runterkommt, legt sie 50 Euro extra aufs Geschenk", sagt Sonntag und hat passenderweise eine Tischrede parat. Dieser Vortrag ist - ganz der Kabarettist - gewürzt mit gleich mehreren Esslöffeln an Wortspielen. „Auch wenn ich euch damit artischocke: Gesundes Essen steht viel zu selten auf dem Speiseplan, weil viele Kinder alleine zu Hause rum gurken und sich lieber etwas in die Mikrowelle chipsen." Als dann „genug der Torte" sind, werden Spaghetti und Salat serviert.
Das ist nicht der erste Ausflug der Schüler in die Kulinarik in dieser Woche. Mit dem Koch Jürgen Hess von Finest Catering Fellbach haben sie in der Schulküche Maultaschen und Kartoffelsalat auf den dekorierten Tisch im Klassenzimmer gebracht. „Die Sechser sind ja bei uns sonst noch nicht in der Schulküche", erzählt Lehrerin Birgitta Lutz, „aber wir wollen es zu einem Pilotprojekt machen." Die älteren Schülerinnen Laura Ugele, Zehra Patir, Gaye Spipahi, Singe Edar, Benita Ziegler und Selina Badt helfen als Patinnen mit. Das Fach MUM - Mensch und Umwelt - eigne sich bestens dazu, psychische und physische Widerstandsfähigkeit den Kindern beizubringen, wie Lehrerin Hariet Mantsch ergänzt: "Sie sollen einen gesunden Lebensstil haben." Dazu gehört auch, dass in dieser Woche eine Führung durch das Deckenpfronner Tennental den Weg regionaler Produkte vom Feld auf den Teller nachzeichnete.
Bei den Sechstklässlern Marvin, Moritz, Lukas Julian und Tillman hat die Woche Eindruck hinterlassen. Nicht nur, dass ihnen "alles gefallen" hat. "Kein Fleisch aus Massentierhaltung" soll ihnen künftig in die Pfanne kommen - und in der Küche wollen sie durchaus jetzt mal selber ran. Muttis Thermomix verkündet einer der Schüler, soll demnächst Germknödel produzieren. Nachhaltigkeit ganz im Sinne Christoph Sonntags und dessen Stiftung.
(Artikel erschienen am 20.05.2017 im Gäubote Herrenberg. Wir danken der Redaktion des Gäubote für die freundliche Genehmigung des Nachdrucks. Siehe auch www.gaeubote.de).