Kabel ohne Salat, das bringt nicht jeder hin. Gleich drei Kilometer davon hat Gerhard Liebler zusammen mit seinen beiden Söhnen Christian und Tobias in der Herrenberger Jerg-Ratgeb-Realschule verlegt. Vier Zimmer im Schulgebäude verfügen mittlerweile über den Internetanschluss via Ethernet, weit über hundert Schüler können damit mit ihren Laptops gleichzeitig online gehen.
Servieren keinen Kabelsalat: Gerhard Liebler mit seinen Söhnen Tobias und Christian
Nur der einigermaßen geübte Blick wird erkennen, dass da wohl irgendetwas verlegt ist an der Wand. Fein säuberlich verlaufen die Kabelkanäle in den Zimmern der Jerg-Ratgeb-Realschule an den Wänden. Von dort aus zweigen zu den Tischen an mehreren Stellen jeweils mehrere Kabel gebündelt für die Tische ab. Einfacher geht es für die Schüler nicht mehr: Sie müssen ihren Laptop nur noch mit dem eigenen Kabel am eigenen Platz verbinden. Die Räume haben unterschiedliche Aufbauten, zum Teil stehen die Tische klassisch aufgereiht, zum Teil in einer besonderen C-Form. Je nach Lehrerwunsch, erklärt Gerhard Liebler.
Der 44-Jährige ist als technischer Kundendienstberater nicht nur beruflich prädestiniert für die Aufgabe der Verkabelung, Liebler engagiert sich auch seit Jahr und Tag in der Elternvertretung. „Ich bin ja hier Elternvertreter“, erzählt Liebler, „da ist die Laptopklasse immer so ein Thema gewesen." Als sich die Jerg-Ratgeb-Schule vornahm, die Schüler auch am Rechner auszubilden, waren die Lösungen zunächst unbefriedigend. Die PC-Räume waren zu klein und konnten nicht eine ganze Klasse aufnehmen, das danach eingerichtete Wireless-LAN-Netzwerk stieß bald an seine technischen Grenzen. An diesem Punkt war Liebler gefragt. „Da hat er gesagt, Kuchen backen könne er keinen, aber Kabel verlegen", erzählt Schulleiter Dirk Hasenbusch.
2005 machte sich Liebler an die Planung der Verkabelung, holte Angebote ein und gab sie an die zuständigen Gremien weiter. Die Entscheidung für „konventionelle Kabeltechnik" stand fast. „Um mit der Entwicklung Schritt halten zum können“, erklärt Liebler. Bei diesem Standard halte man sich noch Möglichkeiten nach oben offen. 2005 machte sich Liebler mit seinen beiden Söhnen ans Werk. Die Kabelkanäle mussten an den Wänden befestigt, die Kabel geschnitten und verlegt werden. Eines der Zimmer beherbergt die Schaltzentrale mit Switches und Konvertern, in der alle Kabel zusammenlaufen.
Ganz heftig „auch am Wochenende und abends und in den Ferien“ hätten sie da geschuftet, berichten der 13-jährige Christian und der 14-jährige Tobias, die an der Schule die siebte beziehungsweise achte Klasse besuchen. „Meistens sind wir von uns aus mitgekommen“, erzählt Christian. Nur darüber, wer was und wie viel gemacht hat, können sich die beiden Realschüler nicht so recht einigen. „Da sind drei Kilometer Kabel drin, da hat jeder etwas geschnitten", vermittelt der Vater. Viele Arbeiten hat Liebler auch alleine gemacht wenn die Söhne anderweitig beschäftigt waren.
Wie viel Zeit die Lieblers damit verbracht haben, ist indes unbekannt. „Etliche Stunden und Wochenenden", schätzt Gerhard Liebler, sie hätten dass „nie aufgeschrieben“.
Nach und nach sind die Zimmer fertig geworden. „Das ist ein fließender Prozess gewesen“, sagt Liebler, „wie es reingepasst hat von der Schule her.“ Und auch von den Finanzen her. "Der Förderverein finanziert das mit“, erklärt Liebler, so wie der Verein auch den Schülern die Laptops mir Verfügung stelle. „Es gibt immer die Möglichkeit, Projekte in einzelne Schritte zu zerlegen“, meint Liebler über die flexible Handhabung der Finanzierung. „Wir müssen das als Schule nämlich selbst finanzieren“, sagt Schulleiter Dirk Hasenbusch. In den Sommerferien 2005 war das erste Zimmer fertig, in der Zwischenseit sind vier Räume verkabelt.
Dir Schule kann damit schon auf eine geraume Zeit an Erfahrung zurückblicken. „Dieses Projekt läuft praktisch schon im sechsten Jahr“, erklärt Hasenbusch, der erste Jahrgang habe mittlerweile die Schule abgeschlossen. In jedem Jahrgang ab der siebten Klasse gibt es eine Laptopklasse. „Die Größenordnung können wir handhaben“, meint der Schulleiter. Das Projekt hat aus Sicht der Schule mehr gebracht als nur den Umgang mit moderner Technologie. „Ein großer Nutzen sind die Fähigkeiten, die die Schüler entwickeln“, erklärt der Rektor und nennt Teamarbeit und die Entwicklung von Projekten als Beispiele. Die Schüler hätten die Kriterien somit selbst erhöht. Dass sich Gerhard Liebler für solch ein Projekt ehrenamtlich einsetzt, ist für den 44-Jährigen selbstverständlich. „Man sollte den Worten auch Taten folgen lassen", findet Liebler, „ich will einfach in die Zukunft der Kinder investieren.“ Die nächsten Zukunftsaufgaben stehen schon an. Der Server im Schulkeller soll ersetzt werden, langfristig möchte die Schule zudem ein Glasfaser-Backbone als Hauptleitung einrichten. Auf Christian und Tobias Liebler kommen dann vielleicht auch neue Aufgaben zu - wie jetzt manchmal während des regulären Unterrichts. Wenn irgendetwas nicht in Ordnung gewesen sei, erzählt Tobias, „haben sie uns auch schon aus der Klasse herausgeholt“.
(Artikel erschienen am 31.03.2007 im Gäubote Herrenberg. Wir danken der Redaktion des Gäubote für die freundliche Genehmigung des Nachdrucks. Siehe auch www.gaeubote.de)