2024-04 Ein Apfelbaum für die Überlebenden

Ein Apfelbaum für den Überlebenden
 
Herrenberg/Gäufelden: Projektgruppe der Jerg-Ratgeb-Schule erhält den ersten Israel-Arbeiter-Preis.
 
von Katja Fuchs Gäubote Herrenberg, 13.04.2024
 
betreuende Lehrer: Alexander Riegler, Dominik Kirgis

Beim Mahnmal der KZ-Gedenkstätte Hailfingen/Tailfingen pflanzen Schüler der Jerg-Ratgeb-Schule einen Apfelbaum zu Ehren von Israel Arbeiter. GB-Foto: Holom

Dass Schüler der Jerg-Ratgeb-Schule am Vormittag von Winfried Kretschmann empfangen wurden, war am Donnerstag noch nicht genug der Ehre. Es ging wenige Stunden später direkt weiter mit dem Israel-Arbeiter-Preis, den Benjamin Merkt, Vorsitzender der KZ-Gedenkstätte Hailfingen/Tailfingen, den Schülern überreichte. „Als ich selbst auf der Jerg-Ratgeb-Schule war, hätte wohl niemand gedacht, dass ich eines Tages hier stehe und den ersten Israel-Arbeiter-Preis überreiche", beginnt Merkt, für den dieser Tag ebenfalls etwas Besonderes ist, seine Ansprache.

Nicht wegen des Attentats - sondern trotzdem

Es sind nicht nur die Lehrer an der KZ-Gedenkstätte zugegen, die an dem Projekt beteiligt waren, das der Schule nun diese Anerkennung einbringt. Auch die gesamte Projektgruppe, bestehend aus mehr als 20 Schülern, ist da, um ihre Urkunden in Empfang zu nehmen. „Es ist toll, dass die Schüler, nachdem die Porträts von Luigi Toscano mit NS-Symbolen beschmiert wurden, gesagt haben: Wir lassen uns nicht einschüchtern und machen weiter, jetzt erst recht", betont der Gäufeldener Bürgermeister Benjamin Schmid. „Die Jerg-Ratgeb-Realschule bringt nach wie vor tolle Projekte hervor und leistet einen wertvollen Beitrag zur Erinnerungskultur." Die Schule liegt ihm am Herzen, weil auch er sie einmal selbst besuchte. Die Aufmerksamkeit nach dem Vorfall sei wertvoll, so Benjamin Merkt. „Aber warum gab es die erst nach dem Attentat? Davor wäre sie noch wertvoller gewesen", findet er. Die Vertreter der KZ-Gedenkstätte hätten die Ausstellung der Schule schon vorher besucht und da sei bereits die Entscheidung gefallen, dass diese Arbeit gewürdigt werden müsse. „Ihr kriegt den Preis heute also nicht, weil eure Ausstellung geschändet wurde, sondern trotzdem." Damit beginnt er, jeden einzenen Schüler und beteiligten Lehrer zu sich zu rufen und die Urkunden zu überreichen.

„Der Preis ist nicht nur für die Schüler eine Ehre, sondern auch für Israel Arbeiter", merkt die Hailfinger Ortsvorsteherin Sabine Kircher an. Für den KZ-Überlebenden pflanzen die Schüler an diesem Tag einen Apfelbaum neben dem Mahnmal. Es ist der zweite von geplanten vier in einer Reihe. „Israel Arbeiter wurde 1925 geboren", erzählt Benjamin Merkt. „Er war etwa so alt wie wir jetzt, als er ins KZ Auschwitz deportiert wurde. Dort hat er sich ein Jahr älter gemacht, als er war. Wer damals zu jung zum Arbeiten war, kam direkt in die Gaskammer." Seinem Vater habe der junge Mann versprochen, dass er, wenn er überlebe, die jüdischen Traditionen weiterpflege - und ihre Geschichte erzähle. Israel Arbeiter überlebte Auschwitz, Stutthof, Hailfin-gen/Tailfingen und Dautmergen, wo er schließlich befreit wurde. Er wanderte nach Boston aus. 50 Jahre später kam er nach Deutschland zurück. „Und zwar, um uns die Hand zu reichen", erklärt Benjamin Merkt. „Er hat unzählige Vorträge gehalten und Gespräche geführt." Bis er im Oktober 2021 gestorben sei."

(Artikel erschienen am 13.04.2024 im Gäubote Herrenberg. Wir danken der Redaktion des Gäubote für die freundliche Genehmigung des Nachdrucks. Siehe auch www.gaeubote.de).

 

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