Nun darf geklettert werden. Klara Brilling und Johanna Lutz zeigen, wie es geht: Von einem farbigen Vorsprung, einem Kletterelement zum nächsten, Arme und Beine weit gestreckt kriechen sie über die Wand des früheren Gymnastikraumes im Keller der Herrenberger Jerg-Ratgeb-Realschule. Dieser Raum ist nun der Boulderraum der Schule – am Montagmittag wurde er eingeweiht.
Im Boulderraum können sich Schüler im Klettern üben GB-Foto: Holom
Die Idee, solch einen Raum zu schaffen, entstand schon vor mehr als zwei Jahren, als Hans-Peter Krafft noch kommissarischer Rektor der Jerg-Ratgeb-Realschule war. Dass die Idee sich nun in tatsächlich greifbare Realität verwandelte, das ist Verdienst des Fördervereins der Schule - aber nicht nur: Die Schüler selbst trugen ihren nicht kleinen Teil zum Gelingen des Projektes bei, indem sie von Herrenberg nach Bangkok liefen. Das taten sie im Herrenberger Stadion - dort veranstaltete die Jerg-Ratgeb-Realschule einen Sponsorenlauf, bei dem Schüler und Lehrer zusammen diese Strecke zurücklegten und Eltern Sponsorenbeträge bezahlten. Rund 20 000 Euro kamen auf diese Weise zusammen, die Kosten der Boulderwand wurden mit ihnen zur Hälfte abgedeckt.
Unterstützung für Projekte
Den Rest übernahm der Förderverein der Schule - Gerhard Stocker, sein Vorsitzender, war bei der Einweihung der Wand am Montag zugegen. Seit seiner Gründung 1987, berichtete er, unterstützte der Verein die Schule mit außerordentlichen Zuschüssen von mehr als 400 000 Euro - der effektive Umsatz des Vereins, in den Regelzuwendungen eingeschlossen sind, beläuft sich auf mehr als eine Million. Unter den Zuschussprojekten belegt die Kletterwand nun den zweiten Platz, nach der Schulbibliothek, in die etwa 100 000 Euro flossen. Einige Spenden von Unternehmen halfen den Kletterern zudem auf die Sprünge - und die Stadt Herrenberg übernahm den Einbau einer Lüftungsanlage, eine Investition in nicht genannter Höhe, für die dringender Bedarf bestand: Für viel Schülerschweiß ist nicht Platz im kleinen Kletterraum mit einer Fläche von geschätzten 90 Quadratmetern. Die Boulderwand mit all ihren Ablegern und Seitenflächen besitzt eine Fläche von insgesamt 75 Quadratmetern; bis zu 15 Schüler können unter Umständen über sie hinweg steigen.
„Boulder" ist ein englisches Wort, das auf Deutsch schlicht „Felsblock" bedeutet. Unter „Bouldern" versteht man das freie, also ungesicherte Klettern an echten Felsblöcken, aber auch zunehmend in künstlich geschaffenen Situationen. Die Boulderwand der Jerg-Ratgeb-Realschule bedeckt nun nicht nur eine Wand - ihre Fläche zieht sich über mehrere Teilwände hin, auch ein Stück Decke gehört dazu, eine Säule, die im Raum aufragt, ein Überhang, unter dem die Schüler ihre schwersten Kletterübungen vollbringen können. Drunten, unter der Wand, liegt natürlich eine dicke orange Matratze; die Kletterwege über die Wand hin sind derweil durch die unterschiedlichen Farben markiert, in denen die Kletterelemente aus Kunststoff gehalten sind - Schwarz ist der schwerste Weg, und wer sich um solche Vorgaben nicht kümmert, sondern einfach packt, was ihm in die Finger kommt, der klettert eben „Haribo", erklärte Sportlehrer Sebastian Gleffe bei der Einweihung der Wand.
Johannes Roller, Leiter des Amtes für Familie, Bildung und Soziales, Rolf Bickelmann, Leiter des Gebäudemanagement der Stadt und natürlich Tanja Braun, die Konrektorin der Jerg-Ratgeb-Realschul waren ebenfalls dabei, als die Wand nun offiziell von kletternder Schülerinnenhand in Betrieb genommen wurde - und Uwe Neudeck, Hausmeister der Schule, dem unter anderem die restlichen Wände im Raum ihre Farbe verdanken, natürlich auch. Die Boulderwand im Keller soll nun auch in die Mediatorenschulung an der Schule mit einbezogen werden, Schüler der benachbarten Schulen werden ebenfalls Gelegenheit bekommen, in diesem Raum die Wände hinauf zu gehen, denn schließlich haben auch die Nachbarn einen kleinen Teil zur Finanzierung des Projektes beigetragen - auch die Möglichkeit, den Keller Kletterern von außerhalb des Schulbetriebs zu öffnen steht im Raum. Gerhard Stocker erinnert sich noch an die Zeit, in der er selbst die Jerg-Ratgeb-Realschule besuchte, „Damals", sagt er, „war das der Tischtennisraum." Heute ist er etwas anderes - und dafür schien er bestens geeignet: „Die Größe ist ideal, und auch, dass er von außen her zugänglich und abschließbar ist.
(Artikel erschienen am 30.07.2014 im Gäubote Herrenberg. Wir danken der Redaktion des Gäubote für die freundliche Genehmigung des Nachdrucks. Siehe auch www.gaeubote.de).