Der Gärtringer Autor Dirk Traeger lässt sich bei der Arbeit sehr gerne von seiner Zielgruppe über die Schulter schauen. Schüler der Herrenberger Jerg-Ratgeb-Schule waren seine Assistenten, als er „Die Teckritter im 21. Jahrhundert" schrieb. Am Donnerstag kam Traeger in die Schule, um das fertige Buch seinen Helfern zu übergeben.
Traeger hat mittlerweile sieben Bücher veröffentlicht, im eigenen Gärtringer Verlag, unter professionellem Lektorat allerdings - und immer bezog er in seinen Arbeitsprozess Kinder und Jugendliche ein, übergab ihnen sein Manuskript vor Veröffentlichung zur Lektüre. Bislang trug er das Testlesen Schülern aus Sindelfingen, Weil im Schönbuch oder Kornwestheim auf.
In der Herrenberger Jerg-Ratgeb-Schule war Traeger natürlich schon zuvor ein Gast, einer, der las - nun wurde er zu einem, der lesen ließ. Die sechsten Klassen der Schule nahmen das dicke Manuskript von „Die Teckritter im 21. Jahrhundert" mit in die Herbstferien und machten sich mit kritischem Heißhunger an die Lektüre - 30 Kinder meldeten sich freiwillig für diese Aufgabe und übertrafen dabei die Erwartungen ihrer Lehrerinnen bei weitem.
Zu Bäumen erstarrt
„Die „Teckritter im 21. Jahrhundert" handelt von fünf Recken, die in einer Schlacht feige waren, vor 700 Jahren, und die deshalb in Bäume verwandelt wurden. Nun sollen sie wieder menschlich werden dürfen, müssen dazu aber einer allzu selbstbewussten Schülerin bei einem Projekt helfen und mit ihr einen ersten Preis holen. „Ich find's immer spannend, wenn in einem Buch Ritter vorkommen. Und wenn die in unserer Zeit landen und sich dort nicht zurechtfinden, dann wird es lustig", sagt Daniel Kopp, zwölf Jahre alt und einer der Schüler, die das Abenteuer unter die Lupe nahmen. Daniels Name taucht nun, zusammen mit den Namen all der anderen Testleser der Jerg-Ratgeb-Schule, in der Danksagung auf, die Dirk Traeger ans Ende seines Buches stellte.
Einige Sätze von besonders begeisterten Textlesern stehen auch auf dem Umschlag - ein Kommentar von Tim Bischof beispielsweise. Dieser Zwölfjährige jedoch trug noch mehr zum Buch bei; ihm dankt der Autor am Donnerstagvormittag noch ausführlicher, für eine wichtige Anregung: Tim brachte Dirk Traeger auf die Idee, das mittelalterliche Vokabular, das manchmal im Buch verwendet wird, auf ein Lesezeichen drucken zu lassen, das dem Buch beiliegt, und das den jungen Lesern die Lektüre sehr erleichtert.
Farkan Cakici, elf, ist ganz ähnlicher Meinung wie Daniel: „Ich finde Ritter spannend", sagt er. „Wie sie ihr Reich erweitern und erobern! Das ist schon ein sehr großer Unterschied zu heute ... Im Mittelalter trug man Schwerter und Rüstungen aus schwerem Metall."
Mädchen dagegen achteten bei der Lektüre nicht so sehr auf Schwert und Rüstung. „Ich finde das Buch gut", sagt zum Beispiel Emma Sophie Brouilly. „Es gibt darin spannende und witzige Szenen und vor allem kann man etwas lernen, darüber wie das Leben im Mittelalter war." Und auch Derya Jaybat, zwölf Jahre alt, findet das: „Ich fand das Buch sehr schön, witzig und spannend", sagt sie. „Ich habe beim Lesen viel über Ritter gelernt." Derya interessiert sich ohnehin für Geschichte - schon früher hat sie sich an der Schule in einer Gruppenarbeit mit dem Mittelalter beschäftigt.
Florian Wacker und Nelio Vischer, beide elf, erzählen davon, wie sie mit dem Text des Gärtringer Autors arbeiteten. „Wir haben angestrichen, was wir nicht verstanden haben und die Stellen, die wir nicht so gut fanden oder die zu lang waren markiert", sagt Florian. „Dann haben wir uns mit Dirk Traeger getroffen, wir haben kleine Gruppen gebildet, und er hat mit jedem Einzelnen gesprochen."
Tochter zeichnet Illustrationen
Das Ergebnis der intensiven Beratungen mit den Testlesern: Dirk Traegers Ritterroman nahm um rund zehn Prozent ab - schlank war er davor schon, vergleicht man ihn mit klassischen Werken („Don Quijote" - je nach Ausgabe bis zu 1500 Seiten). Kirsten Traeger, die Tochter des Autors, steuerte schöne Zeichnungen für das Werk bei. „Sonst zeichnet sie nur Mangas", sagt der Vater. Und alle Schüler, die an der Jerg-Ratgeb-Schule zu freiwilligen Testlesern wurden, haben nun ein Freiexemplar im eigenen Schrank, in dem sie die Abenteuer der alten Rittersleut' im Land der Gegenwart noch einmal nachlesen können.
(Artikel erschienen am 26.02.2016 im Gäubote Herrenberg. Wir danken der Redaktion des Gäubote für die freundliche Genehmigung des Nachdrucks. Siehe auch www.gaeubote.de).